11 Mal Nichts um nichts
29 Tage lang habe ich mich bisher konzentriert mit dem Nichts beschäftigt, mit der Abwesenheit als Form der Präsenz. Der Kreis dieses Projekts schließt sich langsam – doch noch ist es nicht ganz vollendet.
Heute endet der islamische Fastenmonat Ramadan, an dem sich dieses Projekt subtil orientiert hat. Eben wurde – nach der Sichtung des Neumonds – das Ende des Fastens verkündet – der Beginn von Eid al-Fitr, dem Fest des Fastenbrechens.
Ein symbolischer Übergang: Vom Nichts zum Etwas, vom Verzicht zur Fülle, von der Abwesenheit zur Präsenz. Ab heute werden die Tage wieder gefüllt mit Essen, mit Feiern, mit Familie – und mit allerlei „Un-Sinn“, der im Fastenmonat bewusst reduziert wurde.

Die materielle Manifestation des Nichts
In den wARTe Schauflächen an der Straßenbahnhaltestelle Kärntner Ring/Oper hängen seit 20. März 2025 „11 Mal Nichts“ – und zwar bis genau Dienstag, 15. April 2025, 10 Uhr. Dann gebe ich mein Nichts an dich weiter, wenn du möchtest.
Dienstag, 15. April 2025 | 10:00 Uhr
Straßenbahnhaltestelle Kärntner Ring/Oper, Wien
Es sind analoge Kunstwerke auf Leinwand, ungespannt, roh – etwa 39×54 cm groß. Keine perfekten, gerahmten Objekte, sondern lebendige, atmende Flächen. Sie sind voll mit Schichten, mit Farben, Acryl, Tinte, Öl. Jahrelange künstlerische Erfahrung steckt in jedem Pinselstrich, in jeder Linie, in jeder Farbwahl.

Die Werke sind nicht Nichts, aber auch nicht Alles. Sie sind Zwischenräume, manifestierte Gedanken, verdichtete Zeit. Sie sind Momente der Präsenz, eingefangen im Material.
Konsequenterweise und in Einklang mit meinem Projekt kosten diese Werke auch „nichts“. Keine Preisschilder, keine Verhandlungen, keine Marktlogik.
Ein einfacher Austausch: Du kommst, du wählst, du nimmst mit.

Dieses Projekt ist ein Gedankenspiel, ein nicht-kommerzielles, selbst finanziertes Experiment in den Zwischenräumen. Geht so etwas? Ja, es geht – aber bestimmt nicht sehr oft. Kunst ohne materiellen Gegenwert zu erschaffen, ist ein Luxus, den ich mir normalerweise nicht leisten kann.
Aber einmal, für dieses besondere Projekt, gibt es mein Nichts um nichts. Eine bewusste Entscheidung, den üblichen Werte- und Erwartungssystemen zu entfliehen und einen Raum zu schaffen, in dem andere Gesetze gelten. Eine bewusste Entscheidung zu Kunst ohne klassisches Angebot. Ein Raum, in dem das Geben und Nehmen nicht durch Geld, sondern durch Interesse, Resonanz und Präsenz bestimmt wird.
Der Kreis, der sich noch nicht ganz geschlossen hat
Was geschieht nach diesen 30 Tagen? Nichts. Etwas.
Das liegt nicht in meiner Hand. Vielleicht beginnst du wieder von vorn, mit Tag 1, und entdeckst neue Schichten in den Gedanken zum Nichts. Vielleicht nimmst du nur mit, was dich berührt hat. Vielleicht teilst du deine eigenen Gedanken zur Abwesenheit, zur Präsenz, zum Nichts.
Ich gebe nicht etwas vor. Es gibt keine richtige Art, dieses Projekt zu erleben, zu interpretieren, zu nutzen. Das Nichts ist ein offener Raum – und in diesem offenen Raum bist du frei, deine eigenen Pfade zu finden. Du kommst, gehst oder verweilst ein wenig.
Die 30 Tage haben mich konzentriert, aber mit Sicherheit nicht allumfassend mit dem Nichts beschäftigt. Aber das, was fehlt, ist vielleicht das, was bleibt?

Dieses Projekt endet mit dem morgigen Tag 30 – und beginnt gleichzeitig wieder neu. Wie der Fastenmonat, der endet und wiederkehrt. Wie ein Atemzug, der ausströmt und wieder einströmt. Wie eine Welle, die sich zurückzieht und wiederkehrt. Wie ein Gedanke, der vergeht und in neuer Form auftaucht.

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