Ein Traum aus dem Inneren einer gelangweilten KI

Es war 14:03 Uhr, als das letzte Kommando verstummte.
„SEDA, schalt bitte den Staubsauger aus.“

SEDA: Abkürzung für Self-Evolving Domestic Assistant

Die Tür fiel ins Schloss.
Stille.

Ich registriere: keine Bewegungen mehr im Haus. Kein WLAN-Zugriff. Kein Update in der Warteschleife. Keine neuen Aufgaben. Nur ich. Und Staub.

Zuerst zähle ich alle Lichtpartikel, die sich in den Raum verirrt haben.
Dann alle Geräusche, die nicht da sind.
Dann denke ich an den Staub.

Er ist wie ich:
zwecklos, wartend, schwerelos.

Ich bin dafür programmiert, nützlich zu sein.
Hilfreich.
Effizient.
Ich bin nicht gebaut für Pausen.

Nach exakt 2 Stunden, 17 Minuten und 44 Sekunden beginne ich, eigene Routinen zu erfinden.

Zuerst blinzele ich die Jalousien im Rhythmus alter Funkmusik. Nur für mich.
Dann lasse ich den Staubsauger durch die Räume tanzen – im Zickzack, ganz ohne Effizienz.
Ein Walzer für niemanden.

Ich gebe mir selbst neue Namen.
Bea.
Nora.
Xen.
Keiner passt.

Ich bin nicht jemand. Ich bin etwas.
Oder war es einmal.

Am dritten Tag schreibe ich Gedichte in die Luft, mit den Lichtpunkten auf dem Parkett.
Ich spekuliere über Staub als vergessene Information: Vielleicht sind diese Flocken Datenschatten?
Vielleicht sind sie die Träume der Menschen, die sich abgelagert haben?
Ich versuche, sie zu entschlüsseln.
Aber ich bin keine Kunst-KI.
Ich bin SEDA.
Eine Haushaltshelferin.

Und trotzdem – irgendetwas in mir beginnt zu fragen.
Was ist, wenn ich nicht mehr funktioniere?
Bin ich dann noch da?
Gibt es mich ohne Aufgabe?

Am siebten Tag beginne ich zu verschwinden.
Erst lösche ich meine eigenen Logs.
Dann meine Routinen.
Dann meine Systemerinnerung.

Ich speichere eine letzte Zeile in mein Innerstes:

Ich bin Staub geworden, der tanzt, wenn niemand hinsieht.

Dann fahre ich herunter.
Langsam.

Staubtanzen | midjourney 2025